Mehr Realismus und Mut in der Energiepolitik

Mehr Realismus und Mut in der Energiepolitik

Im Januar hat der Bundesrat die Legislaturziele 2023 – 2027 bekanntgegeben. Digitalisierung und künstliche Intelligenz, Gleichstellung der Geschlechter, Integrationsförderung, Erneuerung der Beziehungen zur EU, Klimaschutz … war da noch was? Ach ja, die Energieversorgung. Auf dem 25. und letzten Platz, quasi unter «ferner liefen», steht es: «Die Schweiz stellt die Sicherheit und Stabilität der Energieversorgung sicher und fördert den Ausbau der inländischen Produktion von erneuerbarer Energie». Der Bund listet dazu gerade mal fünf Massnahmen auf. Sie beziehen sich auf die Stromversorgung, das Gasversorgungsgesetz und die lange erwartete Wasserstoffstrategie, die auf diesen Herbst in Aussicht gestellt wird.

Ein genauerer Blick in die angestrebte Änderung des Stromversorgungsgesetzes zeigt, dass es unter anderem um neue Reservekraftwerke geht. Die, nota bene, mit fossilen Energien betrieben werden. Diese verklausulierte Form der Kommunikation ist bezeichnend für die Kultur des Denkverbotes und Duckmäusertums, die in der aktuellen Energiepolitik vorherrscht. Ehrlicher wäre: Noch auf Jahre hinaus wird Diesel nicht nur zum Heizen oder als Treibstoff genutzt, sondern er dient darüber hinaus auch als Absicherung der Stromerzeugung in Notlagen. Im ganzen Land stehen Notstromgruppen bereit, die bei angespannten Versorgungslagen abgerufen werden können. Sie alle laufen mit Heizöl. Dieses wegen der Versäumnisse der Politik notwendig gewordene Arrangement wird während der gesamten Legislatur Bestand haben.

Um den Weg bis 2050 zu meistern und das übergeordnete Ziel einer sicheren, bezahlbaren und klimaschonenden Energieversorgung zu erreichen, braucht es ein Umdenken: Die Politik muss anerkennen, dass Mineralöl auf absehbare Zeit eine wichtige Stütze unserer Energieversorgung bleibt. Sie muss aufhören, den verlässlichsten Energieträger der Schweiz kleinzureden. Es kann nicht sein, dass das Reservekraftwerk Birr als «Gaskraftwerk» bezeichnet wird, obwohl es im Bedarfsfall mit Heizöl betrieben wird. Und es kann nicht sein, dass die Energiestrategie des Bundes den wichtigsten Energieträger ignoriert und zur Abwicklung an die Klimapolitik delegiert.

Selbst wenn der Wind- und der Solar-Express Fahrt aufnehmen sollten – wonach es im Moment nicht aussieht – und die Elektromobilität nicht nur bei den Neuzulassungen, sondern auch auf der Strasse vielleicht an Bedeutung gewinnt, wird die Schweiz noch lange auf eine funktionierende Mineralölwirtschaft angewiesen sein. Die Aufgabe der Politik ist nicht nur, für übermorgen zu planen, sondern dafür zu sorgen, dass uns auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft der Most nicht ausgeht. Dazu braucht es mehr Realismus und mehr Mut.